Auf der Suche nach neuen Zielmärkten

Brandenburg hat im deutschlandweiten Export-Vergleich Aufholbedarf. Nachdem das Corona-Jahr 2020 die regionale Außenwirtschaft mit Grenzschließungen, Einschränkungen im Reiseverkehr und bei grenzüberschreitenden Dienstleitungen, den Wegfall von Messen und immer neuen staatlichen Schutzmaßnahmen vor enorme Herausforderungen gestellt hat, legen die Zahlen für das erste Halbjahr 2021 eine erste Erholung nahe: mit knapp 6,5 Milliarden Euro erreichten die Brandenburger Ausfuhrumsätze fast Vor-Corona-Niveau (6,6 Milliarden Euro). 
Um ein aktuelles Bild der Brandenburger Außenwirtschaft , aber auch Einschätzungen zu relevanten Zielmärkten und generellen Hemmnissen im Auslandsgeschäft zu bekommen, hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg im Sommer 2021 eine Umfrage unter Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Großhandel und unternehmensnahen Dienstleistungen durchgeführt.
Fast 700 Unternehmen haben sich hieran beteiligt. Beinahe die Hälfte davon ist nach eigenen Aussagen außenwirtschaftlich aktiv oder würde sich gern auf internationalen Märkten engagieren. Die Ergebnisse der Antworten der Brandenburger Außenwirtschaft und die sich daraus ableitenden Forderungen sind im Folgenden zusammen gefasst. 

Wichtigste Ergebnisse für Brandenburg im Überblick

Außenwirtschaft nach wie vor unterrepräsentiert 

Nur knapp 43 Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen gaben an, außenwirtschaftlich aktiv zu sein. Das Potential der Brandenburger Unternehmen bei der internationalen Marktbearbeitung ist nicht ausgeschöpft. Knapp sieben Prozent der befragten Unternehmen würden sich gern stärker auf internationalen Märkten engagieren.

Corona-Pandemie: Zahlreiche negative Auswirkungen auf Exportwirtschaft

Die größten Probleme bereiten hier vor allem Einschränkungen beim Kontakt zu bestehenden Geschäftspartnern (knapp 60 Prozent) sowie Probleme bei der Akquise neuer Partner (55 Prozent). Unterbrechungen im Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie unklare Informationen zu geltenden Corona-Bestimmungen wirkten sich ebenfalls stark negativ auf die Auslandsgeschäfte aus.

Zielmarktfokus der Außenwirtschaftstreibenden verschiebt sich

Die Erwartungen an entferntere und anspruchsvollere Märkte, wie z. B. Subsahara-Afrika, Naher Osten und Nordafrika, Australien sowie Mittel- und Südamerika sind im Vergleich zu den aktuellen Aktivitäten merklich gestiegen. 
Abbildung Zielmärkte (Grafik)

Vielfältige Hürden und Barrieren im Außenwirtschaftsgeschäft

Fehlende Ansprechpartner und Netzwerke, Probleme bei der Geschäftspartnersuche im Ausland und Handelsbeschränkungen behindern die Märkische Exportwirtschaft besonders in ihrer Auslandsmarktbearbeitung. Hiervon fühlt sich im Durchschnitt jedes dritte Brandenburger Unternehmen belastet.

Hoher Unterstützungsbedarf 

Brandenburger Unternehmen im Außenwirtschaftsgeschäft wünschen sich in erster Linie besseren Zugang zu Netzwerken und mehr Austauschmöglichkeiten, die Unterstützung bei Messebesuchen und -beteiligungen sowie Zugang zu Förder- und Finanzierungsangeboten.   
Grafik zur Wichtigkeit des Auslandsgeschäfts

Kernforderungen der Wirtschaft

Außenwirtschaftsförderinfrastruktur in Brandenburg verbessern 

Exportumsätze, Exportquote, Anzahl der exportierenden Unternehmen und deren internationale Verflechtung sind im deutschen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich. Brandenburger Unternehmen finden im Land nicht die Serviceleistungen vor, die sie für eine Intensivierung ihres außenwirtschaftlichen Engagements benötigen. Die öffentlich bereitgestellte Unterstützungsinfrastruktur über Kammern und Wirtschaftsförderungen ist i. d. R. personell eng besetzt. 
Über den Einsatz geförderter Exportscouts in den einzelnen Regionen müssen die Service-Ressourcen in Brandenburg für die Stärkung der Internationalisierungskompetenzen der Brandenburger Unternehmen breiter aufgestellt werden. Diese sollten die Beratungsbedarfe vor Ort in den Unternehmen stärker abdecken, diese gezielter an bestehende Unterstützungsstrukturen heranführen und Empfehlungen für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Unternehmen im Außenwirtschaftsgeschäft geben.    

Bestehende Unterstützungsangebote und Service-Strukturen transparent machen

Neben dem notwendigen Ausbau der Unterstützungsinfrastruktur in der Brandenburger Außenwirtschaft fehlt es an Transparenz über die bestehenden Leistungen, Angebote, Förderinstrumente und Ansprechpartner in der Hauptstadtregion. 
Der seit Jahren geforderte Webauftritt Berlin-Brandenburg International zur Bündelung der einzelnen Unterstützungsmaßnahmen in der Außenwirtschaft muss nun endlich zügig fertig gestellt werden. Eine qualitativ hochwertige Pflege des Auftritts muss abgesichert werden. Zusätzlich bedarf es einer besseren Koordinierung zwischen Berlin und Brandenburg zu einzelnen Aktivitäten und Maßnahmen sowie für die gemeinsame Präsentation der Hauptstadtregion nach außen hin. 

Marketingkampagne für eine Außenwirtschaftsoffensive Brandenburg starten

Stärker als bisher muss die Sensibilität der Brandenburger Unternehmen für die Chancen des Auslandsgeschäftes erhöht und ein stärkeres außenwirtschaftliches Engagement erzeugt werden. Mit einer öffentlichkeitswirksamen und landesweiten Offensivkampagne in konzertierter Aktion aller wesentlichen Außenwirtschaftsakteure muss das Thema „Außenwirtschaft“ in der Wirtschaft stärker verankert werden.
Die Initiierung einer Marketingkampagne für eine Außenwirtschaftsoffensive ähnlich der Internationalisierungsoffensive Sachsen IOSax sollte neue Impulse in der Außenwirtschaftsförderung Brandenburgs setzen.

Aufbau internationaler Netzwerke fördern

Vernetzungsaktivitäten dienen zum einen dem Erfahrungsaustausch und dem Aufbau von Kooperationsmöglichkeiten zur Zusammenarbeit im technologischen bzw. innovativen Bereich. Gleichzeitig bieten die angestrebten Vernetzungen auch wieder Zugang zu neuen Geschäftspartnern und damit auch zu neuen Märkten. 
Um die internationale Verflechtung der Brandenburger Unternehmen zu forcieren, muss der Aufbau internationaler Netzwerke als Tatbestand in den Förderkatalog der Brandenburger Außenwirtschaft mit aufgenommen werden. 

Grenzen offen lassen und freien Waren- und Dienstleistungsverkehr auch in der Pandemie nicht behindern

Die Schließung der Grenzen in der Corona-Pandemie und kurzfristig kommunizierte behördliche Entscheidungen zu Einschränkungen im Grenzverkehr sowie zu verstärkten Sicherheitsvorkehrungen haben bei der Brandenburger Wirtschaft zu negativen Auswirkungen geführt. Diese sind durch Umsatzverluste, gestörte Lieferketten, logistische Probleme und nachhaltende Engpässe in der Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten gekennzeichnet. 
Die Grenzen müssen auch im Fall einer nächsten Pandemie-Welle offen bleiben. Mit Blick auf die engen Verflechtungen zum Nachbarland Polen müssen die politisch Verantwortlichen frühzeitig aufeinander zugehen und Gespräche führen, um einseitig veranlasste Grenzschließungen oder Auflagen, die den Waren-, Dienstleistungs- und Pendlerverkehr nachhaltig stören, zu vermeiden.       
Auf Anfrage kann Interessierten die Studienergebnisse als PDF-Dokument zugesendet werden.